Fairer Handel – was bedeutet das eigentlich?

Die Situation für Arbeiter*innen im globalen Süden ist oft katastrophal, das ist ein offenes Geheimnis. Das liegt zum einen daran, dass die Ware, die im globalen Norden verkauft wird, meist in Ländern produziert wird, in denen Arbeiter*innen so gut wie keinen rechtlichen Schutz genießen, beziehungsweise entsprechende Gesetze nicht vollzogen werden. Es fehlt an Absicherungen wie Kranken- oder Rentenversicherungen, Arbeitergeber*innen können sowohl Löhne als auch Arbeitsbedingungen und -zeiten im Endeffekt frei bestimmen und so Arbeiter*innen ausbeuten. Dazu kommt, dass Lieferketten meist sehr lang sind. Das heißt, zwischen Bäuer*innen oder Produzent*innen und Verbraucher*innen liegen zahlreiche Zwischenstationen. Das bewirkt, dass bei ersteren vom bezahlten Preis sehr wenig ankommt, oft nicht einmal genug, um die Kosten für die Produktion zu decken. Deshalb ist es Arbeitgeber*innen oft nicht einmal möglich, die Arbeitenden angemessen zu bezahlen, da diese selbst ihre eigenen Lebenshaltungskosten nicht decken können. Abgesehen davon, dass dadurch eine Vielzahl von Menschen im globalen Süden in Armut lebt, wirken sich diese Verhältnisse oft extrem schlecht auf die Gesundheit aus, sei es durch Stress, übermäßige körperliche Belastung oder nicht ausreichender Schutz gegen bei der Produktion anfallende Schadstoffe. Auch Kinderarbeit liegt meist in diesen Gegebenheiten begründet, da der Lohn der Eltern nicht ausreichend ist, um die ganze Familie zu ernähren.

Fairer Handel bedeutet kurz gesagt sicherzustellen, dass Bäuer*innen und Produzent*innen ihre Kosten decken und genug einnehmen können, um ihre Familien zu ernähren. Das schließt mit ein, dass alle Beteiligten fair behandelt und angemessen bezahlt werden. Dies wird unter anderem ermöglicht durch kürzere Lieferketten und bedeutet, dass Importeure auf faire Bedingungen entlang ihrer Lieferketten achten.

Was hat das mit dem Empowerment von Frauen zu tun?

Als wäre die Situation der Arbeitenden im globalen Süden nicht ohnehin problematisch genug, ist sie für Frauen im Allgemeinen noch um einiges schlechter. Selbst in Deutschland beispielsweise, wo Geschlechtergerechtigkeit immerhin ein offizielles Ziel ist und auch von staatlicher Seite unterstützt wird, ist die strukturelle Benachteiligung von Frauen immer noch Gegenwart. In Deutschland ist gesetzlich vorgeschrieben, dass kein Mensch aufgrund des Geschlechts benachteiligt werden darf. Dieser Grundsatz der Behandlung unabhängig vom Geschlecht ist sowohl im Grundgesetz als auch im Arbeitsrecht festgehalten. Fakt ist jedoch, dass beispielsweise der Gender Pay Gap nach wie vor existiert. Auch Vorstände beziehungsweise Führungspositionen sind immer noch überwiegend mit Männern besetzt.

Um das zu ändern, müssen vor allem zugrundeliegende Geschlechterstereotypen aufgelöst werden, die für die Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Behandlung und Verhalten unter anderem in der Berufswelt verantwortlich sind. Während das allerdings ein langwieriger Prozess gesellschaftlicher Veränderung ist, bewirken Feminismus- und Frauenrechtsbewegungen immerhin bereits Fortschritte durch gesetzliche Regelungen wie etwa die Frauenquote. Frauen bilden die Hälfte der Bevölkerung, eine dementsprechende Zusammenstellung der Belegschaft ist also nur logisch. Gerade in Führungspositionen ist eine gleichmäßige Vertretung von Frauen und Männern wichtig, weil diese das Machtzentrum des Unternehmens darstellt. Zum einen fördert dies die Gleichbehandlung beider Geschlechter, zum anderen ist gerade die Führungsebene repräsentativ nach außen und hat somit auch Vorbildfunktion und prägt die gesellschaftliche Wahrnehmung.

„Wenn Frauen und Männer sich in Gesellschaft, Wirtschaft und am Arbeitsplatz auf Augenhöhe begegnen, verändert sich die Welt zum Positiven.“– Forum Fairer Handel e.V.

Länder des globalen Südens sind häufig noch weiter von einer Gleichstellung der Geschlechter entfernt. In einigen Ländern sind Frauen bereits dem Gesetz nach benachteiligt, haben also beispielsweise weniger Rechte als Männer und sind einem Mann untergestellt und von ihm abhängig. Ihnen fehlt der Zugang zu Ressourcen wie Bildung, Land, Krediten oder einem eigenen Einkommen.

Verschiedene Initiativen, wie etwa Fair-Handels-Organisationen, setzen sich für mehr Rechte, Möglichkeiten und Selbstbestimmung von Frauen ein. Ein eigenes Einkommen ermöglicht beispielsweise, weniger abhängig zu sein. Außerdem stehen Sicherheit und eine menschenwürdige Behandlung am Arbeitsplatz, sowie faire Löhne, Mutterzeit und weitere Absicherungen, die Frauen benötigen, um ihr Leben sicherer und selbstbestimmter führen zu können, im Vordergrund. Zudem werden Frauen werden darin bestärkt, die eigenen Rechte zu kennen und auch wahrzunehmen. So können diese auch verstärkt am politischen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

„Der Faire Handel verfolgt das Ziel, struktureller Benachteiligung von Menschen entgegenzuwirken.“ – El Puente

Fair-Handels-Richtlinien

Diese Benachteiligung bezieht sich natürlich nicht nur auf das Geschlecht. Der Grundsatz umschließt auch, dass nicht aufgrund von Behinderung, Krankheit, Herkunft, Religion oder politischer Gesinnung benachteiligt werden darf. Die WFTO beispielsweise führt ein regelmäßiges Monitoring im Rahmen eines Guarantee-Systems durch, um diese Kriterien zu überprüfen. El Puente hat zudem ein eigenes Internes Monitoring System (IMS), das sich an den Richtlinien der WFTO orientiert. Die Gender-Richtlinie der WFTO umfasst nicht nur die Forderung von Maßnahmen zur Gewährleistung der Gleichstellung der Geschlechter, sondern gibt gleichzeitig Hilfestellung für die Umsetzung dieser Richtlinie.

Wenn sich Fair-Trade-Organisationen wie El Puente oder GEPA zur Geschlechtergerechtigkeit positionieren ist das natürlich stark von Vorteil. Zum einen steigert es den Druck beziehungsweise die Motivation im globalen Süden sich dafür stark zu machen beziehungsweise eine Gleichbehandlung zu fördern. Auf der anderen Seite machen es diese klaren Richtlinien für Verbraucher*innen einfacher, bewusst Produkte zu kaufen, bei deren Herstellung Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit geachtet werden. Dabei ist es wichtig für Fair-Handels-Organisationen, diese Prinzipien auch selbst einzuhalten und dafür aktiv zu werden, um eine Vorbildfunktion für Handelspartner*innen einzunehmen. Für eine gleichberechtigte Gemeinschaft sind jedoch neben Bemühungen auf wirtschaftlicher Ebene auch Veränderungen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene notwendig, um die strukturelle Benachteiligung von Frauen zu beenden.

„[Fairtrade International] setzt sich für die Bekämpfung ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ein und stellt hierfür anerkannte gesellschaftliche Werte und Strukturen in Frage.“ – Forum Fairer Handel e.V.

Der Weltladen

Du suchst Produkte, mit deren Kauf du das Empowerment von Frauen im globalen Süden unterstützen kannst? Schau doch mal im Weltladen vorbei, mit der schönen Mode von AZADI oder handgefertigten Taschen von Trusted Craft beispielsweise unterstützt du bewusst Frauen dabei, auf eigenen Beinen zu stehen.

P.S., oder was noch erwähnt werden sollte: Die Problematik der Gleichstellung der Geschlechter umfasst selbstverständlich nicht nur Männer und Frauen. Neben dem binären Geschlechtssystem gibt es zahlreiche Geschlechter, die unter Ungerechtigkeit und Unterdrückung bis hin zur Verfolgung zu leiden haben. Diese sind hier nicht explizit thematisiert, fallen aber unter die Grundsätze der Gleichbehandlung und Nicht-Diskriminierung, die Fair-Handels-Organisationen vertreten.

Bildquellen: Forum Fairer Handel e.V., AZADI

Quellen: