Freiburgs Partnerstadt Wiwilí in Nicaragua: Mit Bäumen gegen die Klimakatastrophe

Bericht zur Hurrrikanhilfe und Klimavorsorge in Wiwilí im Jahr 2021
Im November 2020 verursachten die Hurrikans Eta und Iota durch Starkregen große Schäden in Wiwilí:
• 405 Familien wurden um ihre wirtschaftliche Existenz gebracht
• 342 km Straßen wurden unterspült und 8 Brücken beschädigt
• Mehrere Schulgebäude wurden unbrauchbar
Dazu kamen zerstörte Häuser und Obdachlose, kaputte Wasserleitungen und Latrinen, Verluste an der Ernte auf den Feldern und den schon eingelagerten Nahrungsmittelvorräten. ADEM, der Freiburger Partnerverein in Wiwilí, dokumentierte Schäden und Betroffene und leitete die Hilfsmaßnahmen ein. Der Wiwilí-Freiburg Verein und die Stadt riefen zu Spenden auf.
Die Resonanz auf den Spendenaufruf in Freiburg war eindrucksvoll und berührend. Fast 32.000 Euros kamen zusammen, zumeist von Bürgern‚ aber auch von der GEW und dem Weltladen in der Gerberau. Die Stadt leistete einen großen Beitrag mit 10.000 Euro, zusätzlich zu einem mit den Partnergemeinden direkt gebauten Trinkwasserbrunnen.

Umsetzung der Unterstützung
Dank dieser Spendenbereitschaft konnte ein Hilfskonzept in drei Stufen umgesetzt werden: Soforthilfe, Wiederaufbau, Vorsorge durch Aufforstung und Ernährungssicherung in ländlichen Gebieten. Dank der Präsenz des Partnervereins ADEM vor Ort, sind von den insgesamt eingegangen Spenden und Beiträgen von € 42.000 bereits € 38.900 in Wiwilí. Weitere € 10.000 hat der Verein zugesagt. Der restliche Betrag wird bis Ende des Jahres an noch laufende Maßnahmen gehen. Wie immer gab es keine Abzüge für Verwaltungsaufwand in Freiburg, da der Verein ausschließlich von Freiwilligen betrieben wird. Der gesamte Spendenbetrag kam direkt Wiwilí zu Gute.
Die Soforthilfe mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und Obdach setzte wenige Tage nach den Hurrikans ein. Mit den dafür eingesetzten € 12.700 konnten 90 Familien mit Lebensmittelrationen und Wasserfiltern versorgt werden. Weitere 40 Familien erhielten Saatgut für die nächste Saison.
Zum Wiederaufbau gehörte die Reparatur der beschädigten Dächer, überschwemmter Latrinen an Wohnhäusern und in Schulen sowie der Neubau völlig zerstörter Behausungen. Schulen wurden repariert und mit neun neuen Latrinen ausgestattet. Dank einer großzügigen Spende der GEW, konnten an zwei Schulen hygienischere Kompostlatrinen als Ersatz für die kaputten errichtet werden. Dies kam etwa 250 Schülern zu Gute. In 25 Haushalten konnten die kaputten Zinkdächer ersetzt werden.
Die wohl wichtigste Maßnahme betrifft die Vorsorge. Mit Hilfe von € 30.000 aus Freiburg geht der Partnerverein ADEM in Wiwilí das seit Februar 2021 an. In 19 Weilern in Wiwilí wurden mit 247 Familien auf kleinen Flächen über 50.000 Bäume gepflanzt, meist als Streifen quer zur Ablaufrichtung des Wassers, und 220 Gärten mit Dauerkulturen angelegt. Die Pflanzen bedecken den Boden und schützen vor Starkregen. Neben Nutzholzbäumen wie Mahagoni und Teak wurden Obstbäume wie Avocado und Kakao gepflanzt, die zusammen mit Stauden wie Bananen und Yucca Nahrungsmittelreserven schaffen, wenn Mais und Bohnen dem Sturm zum Opfer fallen. Das Geld kam durch die Spenden der Freiburger Bevölkerung von ca. € 8.000 plus Beiträgen der Stadt von € 10.000, des Weltladens in der Gerberau von € 1.500 und des Wiwilí-Vereins zusammen.
Das Hauptziel ist, die Region besser vor den Folgen von extremem Wetter zu schützen. Gleichzeitig tragen die raschwüchsigen Bäume aber auch im Laufe ihres Lebens zur Entnahme von mindestens 1.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre bei.

Ausblick
Die Baumpflanzungen und Gärten für mehr als tausend Menschen in Wiwilí sind ein vielversprechender Anfang. Es müssten aber noch viel mehr Flächen und Menschen geschützt werden. Dazu wurde ein 3-Jahres Projekt entworfen, das zu den bisherigen ca. 40 ha (entspricht über 50 Fußballfeldern) weitere 120 ha bepflanzen sollte. Die Kosten werden auf etwa € 270.000 geschätzt. Auf Vorschlag der Partner in Wiwilí hatten die Stadt Freiburg und der Verein einen Projektvorschlag formuliert, der über ein Programm des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) gefördert werden sollte. Klimaprojekte sind eine Priorität der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.
Diese Hoffnungen wurden schwer enttäuscht. Die Bundesregierung beschloss wegen der staatlichen Repressalien gegen die Opposition in Nicaragua bis auf Weiteres keine neuen Projekte mehr aufzulegen. Das trifft hauptsächlich die Bevölkerung.
Denn der Klimawandel verstärkt sich. Weltweit steigen die Risiken durch extreme Wetterereignisse wie der neue Bericht des Weltklimarates (IPCC) belegt. Mittelamerika und die Karibik gehören schon jetzt zu den am Schwersten betroffenen Regionen. Ohne rasche Senkung der Emissionen und damit der Erwärmung sowie ohne weitreichende Anpassung der Infrastruktur und der Landwirtschaft, wird in vielen Ländern keine Entwicklung mehr möglich sein wird.
Dem Land Nicaragua und besonders armen Gemeinden und Menschen wie denen in Wiwilí fehlen die Mittel, um sich an die Klimakatastrophe anzupassen. Viele Menschen dort leiden jetzt schon unter extremer Armut, einer schweren Wirtschaftskrise und einer ungewissen politischen Zukunft.
Wir sind in der Pflicht. Deutschland hat seit der Industrialisierung 92 Mrd. Tonnen CO2 in die Atmosphäre gebracht und ist damit der viertgrößte Verursacher des Klimawandels den wir heute haben. Die Emissionen pro Kopf und Jahr sind in Deutschland mit 9,7 Tonnen auch immer noch erheblich höher als der Weltdurchschnitt und 10 mal so hoch wie die in Nicaragua.
Der Verein und die Stadt Freiburg sind zu dem Schluss gekommen, daß die Arbeit auch ohne Beitrag der Bundesregierung weitergehen muss. Als Überbrückung werden sie aus Reserven das bisherige Projekt fortführen.
Das kann nur eine Notlösung sein. Die Hurrikan-Saison begann 2021 schon früh und heftig wie bei den Stürmen, die New Orleans und New York überschwemmten. Wir hoffen, dass Wiwilí dieses Jahr verschont bleibt, aber der nächste schwere Hurrikan ist nur eine Frage der Zeit. Weitere Spenden sind willkommen.

Freiburg, 4. Oktober 2021